Die Kirchen auf der Berlinale 2013

1963 vergab erstmals eine evangelische INTERFILM-Jury einen Preis bei der Berlinale, eine katholische Festivaljury sogar schon seit 1954. Wäre es bei dieser konfessionellen Aufteilung geblieben, hätten die kirchlichen Filmorganisationen 2013 ihre fünfzigste resp. sechzigste Jury feiern können. Die Gründung einer Ökumenischen Jury im Jahr 1992 hat diese beiden Langzeit-Jubiläen in den Hintergrund gedrängt. Dennoch bleiben die Traditionslinien des kirchlichen Festivalengagements in der Erinnerung präsent, allein schon durch die Filme, die eine kirchliche Auszeichnung erhielten – so etwa die katholischen OCIC-Preisträger „Die zwölf Geschworenen“ von Sydney Lumet (1957), „Wie in einem Spiegel“ von Ingmar Bergman (1962) und „Charulata“ von Satyajit Ray (1965) oder die INTERFILM-Preisträger „Die Milchstraße“ von Luis Buñuel (1969), „Effi Briest“ von Rainer Werner Fassbinder (1974) und „Die Wanderschauspieler“ von Theo Angelopoulos (1975, Preis im Internationalen Forum des jungen Films). 

Die diesjährige Jury unter ihrem kubanischen Präsidenten Gustavo Andújar stellte sich im Rahmen des Ökumenischen Empfangs der Kirchen vor, der mit Grußworten von Weihbischof Dr. Matthias Heinrich und von der Kulturbeauftragten des Rates der EKD, OKRn Dr. Petra Bahr, eröffnet wurde. Weihbischof Heinrich hob das Potential des Kinos hervor, Menschen zu einem verändernden Handeln in der Welt zu inspirieren. Petra Bahr erinnerte an den jüdischen Kinopionier Abraham Tuschinski, der 1911 in einer stillgelegten Kirche in Amsterdam sein erstes Kino eröffnete; er wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Als Gastredner des Empfangs setzte sich Alfred Holighaus, Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, für ein wirkungsvolles Urheberrecht für Filme und für die Stärkung der bundesdeutschen Filmförderung ein. 

Zusätzlich zu Empfang, Juryarbeit und –preisverleihung fand in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein im RBB übertragener Filmgottesdienst statt. Petra Bahr predigte über einen Filmhelden, den man auf Festivals vergeblich suchen würde – James Bond. Aber selbst das Action-Kino scheint dieses Helden müde. So jedenfalls sah Petra Bahr den Bond-Darsteller in seinem bisher letzten Film, „Skyfall“: vermenschlicht durch Schmerzen, Tränen, Scheitern und Verlust. Zeigten sich die Zuschauer durch diesen neuen Bond enttäuscht, so rückt ihn sein Sturz aus dem Himmel der Wunschprojektionen, so Petra Bahr, in die Nähe des Jesus der Passion und damit näher an uns, die zum Heldentum nicht Berufenen. Die in einem zum Menschen gewordenen Gott besseren Trost finden als in einem unverwundbaren Supermann. 

Petra Bahrs Predigt zur Berlinale finden Sie hier