Kirchliche Filmarbeit auf der Berlinale

INTERFILM und SIGNIS ehren Moritz de Hadeln und Ulrich Gregor

Die Berlinale 2001 war ein Abschiedsjahr - das letzte Mal, dass Moritz de Hadeln, Leiter des Festivals seit 22 Jahren, und Ulrich Gregor, Leiter des selbständigen „Internationalen Forums des Jungen Films“ sogar schon seit 31 Jahren, Verantwortung trugen. Auf dem ökumenischen Empfang der Kirchen und der jüdischen Gemeinde in Berlin wurden sie beide mit einer Ehrenmedaille der beiden kirchlichen Filmorganisationen INTERFILM und OCIC ausgezeichnet - wobei es ihnen gelang, sich auch bei dieser Gelegenheit aus dem Weg zu gehen. In seiner Dankesrede erinnerte de Hadeln daran, dass er den Anstoß für die Bildung einer ökumenischen Jury gab, die 1992 aus den bis dahin eigenständigen evangelischen und katholischen Jurys hervorging. Gregor hob die Kirche und Forum verbindende Absicht hervor, Filme zu unterstützen, die nicht nur Unterhaltungsbedürfnisse befriedigen, sondern auch philosophischen, sozialkritischen und ästhetisch eigenständigen Ideen Ausdruck geben.

Der ökumenische Empfang fand zum zweiten Mal in der evangelischen Matthäuskirche auf dem Kulturforum nahe dem Festivalzentrum statt. Sie stand den Gästen der Berlinale als kirchlicher „Meeting Point“ zu Gesprächen oder für eine meditative Auszeit in der Festivalhektik offen. Die Matthäuskirche bildete auch den Schauplatz für die Verleihung des John Templeton European Film Awards, der im Auftrag der Templeton Foundation durch INTERFILM und die Konferenz europäischer Kirchen (KEK) vergeben wird. Der mit 7000 SFr dotierte Preis ging an die österreichische Regisseurin Barbara Albert für ihren Film „Nordrand“ und wurde ihr im Rahmen eines Gottesdienstes übergeben. Der Film erzählt die Geschichten junger Menschen unterschiedlicher Herkunft, die sich im Wien des Jahres 1995 zufällig begegnen und wieder aus den Augen verlieren. Über die Brüchigkeit der individuellen Biographien, die Fragmentierung der sozialen Milieus, moralische Indifferenz und psychische Beschädigungen hinweg folgt er dabei einer Suchbewegung, die von dem Wunsch nach Zuwendung und Vertrauen, Verständnis und Nähe angetrieben wird, so die Begründung der Jury für die Auszeichnung.

Nach zehn Festivaltagen rückte die Matthäuskirche noch einmal ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Das Festival hatte sie als Ort der Verkündung nicht nur der Preise der ökumenischen Jury, sondern auch der anderen Nebenjurys (so etwa der Jury der internationalen Filmkritik) ausgewählt. Die Kirchenjury vergab ihren Preis für das Wettbewerbsprogramm an den dänischen Film „Italienisch für Anfänger“, die erste Komödie, die im Verzicht auf filmtechnische Effekte und der Suche nach ästhetischer Unmittelbarkeit den Regeln des provokanten „Dogma“-Manifests folgt. Ein Spezialpreis ging an die amerikanische Produktion „Wit“, die den Kampf einer Literaturwissenschaftlerin gegen den Krebstod schildert. Im Forum zeichnete die Jury den schwedischen Film „Das neue Land“ aus, der in Form eines unterhaltsamen und humorvollen Roadmovies die Probleme illegaler Flüchtlinge in Schweden zeigt. Einen weiteren Preis in der Panorama-Sektion des Festivals erhielt schließlich der Dokumentarfilm „Blue End“ von Kaspar Kasics, eine Auseinandersetzung mit der technisch-wissenschaftlichen Verwertung der Leiche eines Mörders. Bleibt zu hoffen, dass diese Filme auch außerhalb der Berlinale ihren Weg in die Kinos finden.