Preis der Ökumenischen Jury, Oberhausen 2018

Es ist eine der Formulierungen der politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsfragen unserer Zeit: jene nach dem Verhältnis des Einzelnen und der Gemeinschaft und Gesellschaft und wie der Einzelne in deren Wirklichkeit leben kann. Das Kunstwerk von Zhong Su erzählt sie anhand des zeitgenössischen China als Suche des Einzelnen nach Erkenntnis und Transzendenz, indem es die ihm vorgegebene Wirklichkeit mit einem Kaleidoskop dreier synoptischer Perspektiven entfaltet. Es beginnt als „Landschaft“ der Gegenwart und der technischen, sozialen, sozialistisch kapitalistischen Wirklichkeit als Unterwasserwelt. Es setz sich fort in den „Leidenschaften“, die von gesellschaftlichen Sehnsüchten, Zielen und Dogmen erzählen, ehe die „Geschichte“ die Gemeinschaft durch die Zeiten und deren Zusammenhang in weitere wirkmächtige Bilder fasst. Verwoben sind beide, Gesellschaft und die einzelne Person, in ihrer inneren Bestimmung durch die großen, großartigen Obsessionen, die sie treiben. Als viertes Kapitel schließt Zhong Su mit der Deutung dieser Wirklichkeit unter dem Titel „Adaption“: formal basiert sie auf dem „Sandbuch“ von J.L. Borges, doch ebenso sehr bezieht sich sein Titel auf das Leben des Einzelnen in der Auseinandersetzung, Anpassung, Umarbeitung der ihm vorgegebenen Wirklichkeit durch die Suche nach deren Übersteigen. So findet er seine Obsession nicht in den überkommenen Schriftensammlungen, sondern in der unendlichen Kostbarkeit ihm neu begegnender Heiliger Schriften. Seine obsessive Suche nach Erfahrung seiner selbst in einer über die vorgegebene hinausweisenden Wirklichkeit wird zur mystischen Versenkung, in der ihm die Selbsterkenntnis begegnet. Doch führt sie ihn nicht über sich hinaus: In der obsessiven Selbsterkenntnis bleibt er sich selbst unentrinnbar. En episches Kurzfilmkunstwerk.