achtung berlin - new berlin film award 2022


Der Dokumentarfilm "Anima - Die Kleider meines Vaters" von Uli Decker hat den mit 1.000 € dotierten Preis der Ökumenischen Jury beim 18. Filmfestival achtung berlin - new berlin film award (20.-27.4.2022) erhalten. Das Preisgeld wird gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Die Regisseurin setzt sich mit dem geheimgehaltenen Doppelleben ihres Vaters auseinander, der seine zweite, queere Existenz vor seiner Familie verbarg. Der Film erhielt auch den Preis des Festivals für den Besten Dokumentarfilm.

In der Begründung der Jury für die Auszeichnung heißt es: "Im Leben der katholischen Vater-Mutter-Kind-Kind Familie in einem bayerischen Dorf scheint alles normal zu sein. Einfamilienhaus, Garten, Wanderurlaub, Klavier - die Fassade stimmt. Erst am Sterbebett des Vaters erzählt die Mutter den Töchtern, dass der Vater von Jugend an heimlich Frauenkleider trug. Sie übergibt der älteren Tochter die Kiste, in der er sein geheimes Leben verbarg: Pumps, Nagellack, Lippenstift, Tagebücher. Behutsam, fast spielerisch, wie ein Kind, das über Zäune klettert, erkundet der Film das unter großer Angst gehütete Familiengeheimnis. Statt sich mit abstrakten Zuschreibungen wie „Transvestit“ oder „Coming-Out“ zu begnügen, bleibt die Filmemacherin konkret, liest in den Aufzeichnungen des Vaters, sucht nach einer Verbindung zu dem Mann, der sich ihr ein Leben lang rigoros entzogen hat. So nimmt sie sein Erbe an – und macht es sich zu eigen. Reißt den Grauschleier weg, der über dem Haus der Kindheit und überm Erwachsenwerden lag, konfrontiert den Vater postum mit dem, was er sich und den Töchtern mit seinem Schweigen angetan hat. Archivaufnahmen der Bundesrepublik und bayerischer Folklore ergänzen die Familienfotos und die subjektive Erinnerung, Animationen ermöglichen einen verfremdenden Blick. Die Collagen sortieren das Geschehene neu, als forderten sie dazu auf, sich und die Wirklichkeit selbstbestimmt zu denken, anders zusammenzusetzen."

Mitglieder der Jury waren Alexander Aehlig (freier Fotograf, Videograf und Kameramann), Barbara Behrendt (freie Kulturjournalistin), Katharina Körting (Autorin) und Dr. Lukas Hetzelein (Theologe, Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin).

Den Preis des Festival für den Besten Spielfilm erhielt "Ladybitch" von Paula Knüpling und Marina Prados, den Preis für die Beste Regie "Youth Topia" von Dennis Stormer.