Ökumenischer Empfang Cottbus 2012

Grußwort von Festivaldirektor Roland Rust

Ein herzliches Willkommen allen Gästen dieses Ökumenischen Empfangs!

Besonders herzlich begrüße ich Frau Superintendentin Ulrike Menzel, den Vorsitzenden des Ökumenischen Arbeitskreises in Cottbus, Pfarrer Volker Mihan, sowie den Präsidenten von INTERFILM, Hans Hodel aus der Schweiz – der uns seit bereits vielen Jahren besucht und engagiert unterstützt. Er wird Ihnen im Anschluss die Mitglieder der diesjährigen Ökumenischen Jury vorstellen. Das FilmFestival Cottbus schätzt sich sehr glücklich, nunmehr bereits zum vierzehnten Male mit einer Ökumenischen Jury bedacht zu werden.

Ich darf Sie hier sehr herzlich im Namen des gesamten Festivalteams begrüßen und nutze gern die Gelegenheit, Ihnen den Geschäftsführer der FilmFestival Cottbus GmbH, Jörg Ackermann, vorzustellen sowie unseren unermüdlichen Festivalmanager Andreas Stein.

Der Ökumenische Empfang der Kirchen ist beim FilmFestival Cottbus bereits zu einer guten Tradition geworden und zählt bei dessen Besuchern zu den Höhepunkten der Festivalwoche. Und dennoch ist diesmal alles ein wenig anders, was das gesellige Get together neu beleben wird: Wir sind erstmals zu Gast in der Cottbuser Oberkirche St. Nikolai – und damit in der größten mittelalterlichen Kirche der Niederlausitz. Ich entsinne mich noch sehr genau, wie wir gemeinsam mit dem Kirchenkreis überlegten, ob wir diesen riesigen Raum auch tatsächlich zu füllen vermögen – und bin nun natürlich sehr froh zu sehen, dass unsere Einladung so rege Resonanz erfahren hat.

Dass Glaube und Religion eine ganz wesentliche Rolle beim Cottbuser Festival spielen, ist durchaus kein Novum. Neu aber ist diesmal, dass beides geradezu als Leitmotiv des 22. Festivaljahrgangs fungiert – wie bereits ein Blick auf unser Festivalmotiv belegt, das den Horizont bewusst gen Himmel weitet. Das Filmprogramm versucht dieses Versprechen einzulösen mit einer umfangreichen Reihe unter dem programmatischen Titel >Osteuropa der Religionen<. Dieser Fokus mag zunächst durchaus verwunderlich, so nicht sogar verwegen klingen – auch und gerade auf einem „Festival des osteuropäischen Films“. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Wahl wenig zu tun hat mit meinem früheren Studium der Theologie…

Tatsächlich ist seit geraumer Zeit vielerorts eine verstärkte „Rückkehr des Religiösen“ zu beobachten, so dass von einer regelrechten „Renaissance des Religiösen“ gesprochen werden kann. Grund genug für das FilmFestival Cottbus, diesem auch im Bereich des Films zu beobachtenden aktuellen Phänomen im Rahmen einer spezifischen Programmreihe nachzuspüren – unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung und in erstmaliger Medienpartnerschaft mit der Fachzeitschrift FILM-DIENST. Gegenwärtig erleben wir eine deutliche Rückbesinnung auf Grundfragen menschlicher Existenz, wie: „Woher kommen wir – und wohin gehen wir?“. „Welches sind unsere Koordinaten auf den oft verschlungenen Lebenspfaden?“. Letztlich: „Woran können wir glauben, insbesondere in einer Welt rasanten Wandels?“

Dieser wohl beispiellose Wandel und dessen Folgen sind im Osten des Kontinents besonders stark zu spüren. Kein Wunder: Nach dem unverhofften Schwinden realsozialistischer Gewissheiten vor zwei Jahrzehnten und der schon bald darauf einsetzenden Ernüchterung über die sich kaum erfüllenden Verheißungen des entfesselten Spätkapitalismus. So sieht der Einzelne sich auf sich selbst geworfen, was ein Vakuum schafft für die Suche nach Alternativen - was nicht zuletzt auch die etablierten Hüter des Glaubens vor völlig neue Herausforderungen stellt! 

Insofern ist unser diesjähriger Fokus >Osteuropa der Religionen< weit mehr als nur eine Filmreihe neben vielen weiteren: Vielmehr versteht sich dieser Fokus als eine Einladung zur Begegnung mit den vielfältigen Religionen unserer Nachbarn, mit deren religiösem Leben und gelebter Religiosität heute: das Filmfestival verstanden als „Vorstellung“ - in der wir uns spiegeln können.

Dessen eingedenk ist das Festival dennoch beileibe keine liturgische Veranstaltung, sondern vermag vor allem Denkanstöße zu geben – durchaus auch in provokanter Weise. So ist beispielsweise ein radikaler, auf authentischen Geschehnissen basierender Film aus unserem Nachbarland Polen dort zum Manifest der jungen Generation geworden: Das Werk zählt in Cottbus zu den zahlreichen deutschen Erstaufführungen und trägt den Titel JESTES BOGIEM (DU BIST GOTT). Mit diesem theologisch durchaus anfechtbaren Statement möchte ich schließen - und freue mich auf viele anregende Begegnungen mit Gästen aus nah und fern beim anschließenden Empfang.