De engel van Doel

Ein Engel in Doel
Regie: 
2011

Mit 16 Jahren hat Emilienne Driesen einen Engel gesehen. Mitten am Tag erschien er im Blau des Himmels. Jetzt, im Alter, sieht der Filmemacher Tom Fassaert sie selbst als Engel, der mit den Freundinnen Colette und Cecile am Küchentisch Krabben puhlt, im Hintergarten Hühner und Katzen füttert und mit seiner Anwesenheit die flämische Ortschaft Doel verteidigt, die dem Ausbau des Antwerpener Überseehafens weichen soll. Ein ums andere Mal versuchen Colette und Cecile, der Widerspenstigen Vernunft beizubringen, sich eine neue Bleibe zu suchen und Doel den Abbruchbaggern zu überlassen, die am Ortsrand die ersten Häuser zu Ruinen, ihre mit Widerstandsparolen bedeckten Mauern zu Schutt verwandeln. Neben ihr trauert der alte, krebskranke Pastor Kristiaan Verstraete um das Schrumpfen seiner Gemeinde, predigt gegen die Zerstörung der Erde und muss sich irgendwann dem Tod geschlagen geben. In Schwarzweißbildern, mit dem Blick für das Unscheinbare und der Hartnäckigkeit des genuinen Dokumentaristen bringt Tom Fassaert die Fähigkeit des Films zur Geltung, dem Verschwinden zu widerstehen, kein bisschen anders, als es Wim Wenders für Pina Bausch getan hat. Emilienne und Doel mögen eine kleinere Bühne haben. Aber auch sie spielen Welttheater. Schade, dass du mich nicht hören und von da herausklettern kannst, sagt Emilienne am Grab ihres Mannes. Jetzt sind sie und er unter uns, wie der Engel damals und wie der Film, den Tom Fassaert in die Welt geschickt hat. (Karsten Visarius, in: epdFilm Nr. 4/2011)