Prägungen der Vergangenheit

Kurzkritik zu "Looking Like My Mother". Von Hans Hodel
Looking Like My Mother

© Look Now!


Kinder bekommen es oft zu hören: «Ganz wie die Mutter». Wenn es ihnen im Erwachsenenalter gesagt wird, kann das Stolz und Freude bereiten oder Ängste auslösen, wie im Fall der Filmemacherin Dominique Margot. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, als die Mutter in einer manisch-depressiven Phase während Wochen im Bett liegen bleibt. Wie die filmische Inszenierung deutlich macht, bleiben die Erinnerungen an diese Zeit schemenhaft. Aber Ausschnitte aus Home-Videos und immer wieder überraschende Fantasy-Elemente zeugen von Wut und Hilflosigkeit, die in rebellische Befreiungsprozesse umschlagen. Der einsam wirkende Vater, der sich liebend um seine Tochter kümmert, steht der Krankheit seiner Frau ratlos gegenüber. Nach seinem Tod wird die Frage drängender: Ist die Krankheit der Mutter erblich, vererbt von den Grosseltern? Welchen Anteil die im Elternhaus herrschende religiöse Enge gehabt haben könnte, deutet die Filmemacherin nur nebenbei an, wenn sie erzählt, dass an Neujahr den Mädchen das Tanzen verboten gewesen sei, nicht aber den jungen Männern. Dabei war Dominique Margot’s Mutter offenbar ein lebenslustiges Mädchen.

Ein vielseitig bewegender und «mutiger Film von individueller und universeller Bedeutsamkeit, der eine aussergewöhnliche Begabung verrät» – so formulierte am Festival Visions du Réel in Nyon 2016 die Interreligiöse Jury die Begründung für ihre Lobende Erwähnung.

Mit freundlicher Genehmigung des "medientipps" der kirchlichen Filmarbeit in der Schweiz. Link: medientipp